ESUG als Sanierungsoption noch nicht bei allen Unternehmen bekannt

In der Cre­dit­re­form Herbst­be­fra­gung 2016 haben sich 1.200 Unter­neh­mer zum Ein­satz der Sanie­rungs­ver­fah­ren, zur Mit­wir­kung inner­halb eines Gläu­bi­ger­aus­schus­ses sowie zu einem vor- bzw. außer­insol­venz­li­chen Restruk­tu­rie­rungs­ver­fah­ren geäußert.

Akzep­tanz in der Wirt­schaft verbessert

67 Pro­zent der Unter­neh­men sehen das Eigen­ver­wal­tungs- und Schutz­schirm­ver­fah­ren als eine wich­tige Hilfe bei der Kri­sen­be­wäl­ti­gung, 45 Pro­zent der Befrag­ten wol­len in einer wirt­schaft­li­chen Schief­lage eines der bei­den Ver­fah­ren im Rah­men einer Sanie­rung unter Insol­venz­schutz auch wirk­lich nutzen.

Zu die­sem Ergeb­nis kam eine Unter­su­chung der Cre­dit­re­form Wirt­schafts­for­schung, des Deut­schen Insti­tuts für ange­wand­tes Insol­venz­recht (DIAI) und des Bun­des­ver­ban­des ESUG und Sanie­rung (BV ESUG) zur Akzep­tanz der refor­mier­ten Insol­venz­ver­fah­ren. Noch vor zwei Jah­ren bewer­te­ten die befrag­ten Unter­neh­mer die Eigen­ver­wal­tung skep­ti­scher. Damals sahen 61 Pro­zent der Befrag­ten darin ein pro­ba­tes Hilfs­mit­tel und vier von zehn Unter­neh­men woll­ten die Eigen­ver­wal­tung in der Krise nutzen. 

In Kri­sen­bran­chen fehlt Kennt­nis der Verfahren

Auf­fäl­lig in der Befra­gung ist, dass ins­be­son­dere in den kri­sen­ge­schüt­tel­ten Bran­chen das Wis­sen über die neuen Sanie­rungs­mög­lich­kei­ten beson­ders nied­rig ist. Nur jedem dritte Bau­un­ter­neh­men und jedem drit­ten Ein­zel­händ­ler sind die Sanie­rungs­in­stru­mente unter Insol­venz­schutz bekannt.

Pro­fes­sor Haar­meyer, DIAI: „Die­ses Ergeb­nis deckt sich mit unse­ren Erfah­run­gen. Die Insol­venz ist immer noch mit einer Stig­ma­ti­sie­rung des Unter­neh­mers ver­bun­den. Es ist nicht erklär­bar, warum die Indus­trie­ver­bände und Kam­mern die Mög­lich­kei­ten der Kri­sen­be­wäl­ti­gung nicht flä­chen­de­ckend auf­grei­fen und dar­über aufklären.“

EU-Richt­li­nie schlägt neuen Ansatz vor, Stär­kung außer­ge­richt­li­cher Verfahren

Die EU-Kom­mis­sion hat am 22. Novem­ber 2016 in einem Richt­li­ni­en­ent­wurf gefor­dert, lang­wie­rige, kom­plexe und kost­spie­lige Gerichts­ver­fah­ren durch fle­xi­ble prä­ven­tive Umstruk­tu­rie­rungs­rah­men zu ver­ein­fa­chen. Auch sol­len die natio­na­len Unter­schiede in den Sanie­rungs- und Insol­venz­ver­fah­ren ver­ein­heit­licht wer­den. In meh­re­ren Mit­glied­staa­ten ist es nicht mög­lich, ein Unter­neh­men vor der Insol­venz umzu­struk­tu­rie­ren. Hin­sicht­lich der zwei­ten Chance bestehen wei­ter­hin große Unter­schiede hin­sicht­lich der Dauer der Schuldenbefreiung.

Michael Bretz (Cre­dit­re­form): „Unter­neh­men ent­schei­den sich wei­ter­hin noch viel zu spät für ein ESUG-Ver­fah­ren. Die EU-Richt­li­nie, die ein Ver­fah­ren außer­halb einer förm­li­chen Insol­venz anstrebt, soll die Chan­cen für eine erfolg­rei­che Sanie­rung erhö­hen, indem das Ver­fah­ren nicht öffent­lich gemacht wird und der gute Ruf des Unter­neh­mens nicht unter die­sem Ver­fah­ren lei­det. Unter­neh­men und Gläu­bi­ger sol­len in Ruhe den Sanie­rungs­plan entwickeln“.

Auch soll eine Min­der­heit von Gläu­bi­gern und Anteils­in­ha­bern mit abwei­chen­der Mei­nung Umstruk­tu­rie­rungs­pläne nicht blo­ckie­ren können.

Durch das Regu­lie­rungs­vor­ha­ben kann die EU die deut­sche Regie­rung zwin­gen, ihr Restruk­tu­rie­rungs­recht anzu­pas­sen. Falls die Richt­li­nie in 2017 ver­ab­schie­det wird, hat die Bun­des­re­gie­rung noch zwei Jahre Zeit für die Umset­zung, vor 2019 dürf­ten die Ände­run­gen nicht zu erwar­ten sein.

In der Cre­dit­re­form-Umfrage hat­ten sich 66 % der Unter­neh­mer für außer­ge­richt­li­che Restruk­tu­rie­rungs­ver­fah­ren ausgesprochen.

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