Definition
Die Überschuldung in der Insolvenz ist in § 19 Abs. 2 InsO beschrieben. „Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich“.
Wen betrifft die Überschuldung?
Alle beschränkt haftbaren Kapitalgesellschaften wie die GmbH, AG, UG (haftungsbeschränkt) und vergleichbare Auslandsgesellschaften wie die Ltd.
Alle Gesellschaften, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, wie zum Beispiel die GmbH & Co. KG, GmbH & Co. OHG.
Auch Genossenschaften, Stiftungen und Vereine können überschuldet sein.
Der Insolvenzgrund Überschuldung ist nur auf Unternehmen anwendbar, die mit einem beschränkten Eigenkapital haften. Dieses ist im Falle einer Überschuldung aufgezehrt. Die Eigenkapitalgeber haben in der Überschuldung bereits ihre Kapitaleinlage verloren. In der Folge geht das Risiko der Unternehmensfortführung auf die Gläubiger über.
Entgegen dem allgemeinen Sprachgebrauch können überschuldete natürliche Personen und Personengesellschaften keinen Antrag auf Eröffnung wegen Überschuldung stellen.
Wie prüfe ich, ob eine Überschuldung vorliegt?
Die Prüfung erfolgt zweistufig: Zunächst ist eine Fortbestehensprognose zu stellen. Fällt diese positiv aus, besteht kein Insolvenzeröffnungsgrund.
Infolge der Finanzmarktkrise wurde 2008 der § 19 InsO durch das Gesetz zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Finanzmarktstabilisierungsgesetz – FMStG) geändert. Bis dahin war auch bei positiver Fortbestehensprognose eine Überschuldungsbilanz aufzustellen, jedoch mit Fortführungs‑, nicht mit Zerschlagungswerten. Durch die Änderung liegt der hauptsächliche Fokus jetzt auf der Betrachtung der Zahlungsfähigkeit.
Selbst bei negativem Kapital in der Überschuldungsbilanz ist das Unternehmen nicht überschuldet, wenn es im Prognosezeitraum wahrscheinlich zahlungsfähig bleibt.
1. Fortbestehensprognose
Voraussetzung für eine positive Fortbestehensprognose ist
- der Wille zur Fortführung des Unternehmens und
- ein realisierbares Unternehmenskonzept für das aktuelle und folgende Geschäftsjahr, darin beinhaltet
- eine Liquiditätsprognose, aus der erkennbar ist, dass das Unternehmen im betrachteten Zeitraum nicht zahlungsunfähig wird.
Liegt eine solche Prognose beim Eintritt der Überschuldung nicht vor, besteht Insolvenzantragspflicht, es sei denn, die Prognose kann kurzfristig nachgereicht werden. Die Fortführungsprognose ist schriftlich zu dokumentieren einschließlich einer Planerfolgsrechnung und Finanzplanung.
Der Prognosehorizont umfasst in der Regel das aktuelle und das folgende Geschäftsjahr. Eine positive Prognose setzt voraus, dass die Zahlungsfähigkeit im betrachteten Zeitraum überwiegend wahrscheinlich ist.
Bei einer negativen Prognose ist der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit wahrscheinlicher als ihre Vermeidung. In diesem Fall kann immer aufgrund drohender Zahlungsunfähigkeit ein Insolvenzantrag gestellt werden, sofern die Überschuldungsbilanz nicht Kapitalunterdeckung ausweist.
2. Überschuldungsbilanz
Mit Hilfe einer Überschuldungsbilanz wird festgestellt, ob eine Überschuldung vorliegt. Übersteigen bei negativer Fortführungsprognose die Verbindlichkeiten das vorhandene Vermögen, besteht bei Kapitalgesellschaften Insolvenzantragspflicht.
Sie dürfen für die Wertermittlung der Aktiva und Passiva nicht die Werte der Handels- oder Steuerbilanz (Buchwerte) heranziehen, es sind Liquidationswerte anzusetzen.
Aktiva: Es sind die Fortführungswerte oder Liquidationswerte jedes Vermögensgegenstandes zu ermitteln, stille Reserven können aufgedeckt werden. Es können alle veräußerbaren Vermögensgegenstände bewertet werden, auch wenn diese in der Handelsbilanz nicht auftauchen. Dazu gehören selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter, Lizenzen und andere Rechte, die sich einzeln veräußern lassen. Im Zweifel können Gutachten helfen. Gestellte Kreditsicherheiten sind anzusetzen.
Passiva: Eigenkapital und eigenkapitalersetzende Positionen mit Rangrücktritt sind nicht aufzuführen. Rückstellungen in der Regel schon.
Insolvenzberatung Schubert: Bitte beachten Sie, dass diese Darstellung die Rechtslage nur sehr verkürzt wiedergibt. Sie sollten in einer Krise immer rechtlichen Rat einholen, nutzen Sie dazu auch meine kostenfreie Erstberatung.
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Was sind die Folgen einer Überschuldung?
Wird die Überschuldung nicht oder zu spät festgestellt, kann dies strafrechtliche und haftungsauslösende Folgen haben. Mit Eintritt der Überschuldung besteht Insolvenzantragspflicht.
Überschuldung als Merkmal eines Straftatbestandes
Liegt Überschuldung vor und wird kein Insolvenzantrag gestellt, ist der Tatbestand der Insolvenzverschleppung nach § 15 a InsO erfüllt. Außerdem gelten die Vorschriften des Strafgesetzbuches zum Bankrott.
Und auch die unterlassene Verlustanzeige gegenüber den Gesellschaftern ist strafbar, wenn Sie es versäumt haben, Gesellschaftern oder Aktionären den Verlust in Höhe des hälftigen Grund- oder Stammkapitals nach § 84 GmbHG oder § 401 AktG anzeigen.
Überschuldung und persönliche materielle Haftung
Ist die Überschuldung festgestellt, müssen Sie alle Zahlungen einstellen, ansonsten machen Sie sich gegenüber der Gesellschaft schadensersatzpflichtig. Entsprechend lautet das GmbH-Gesetz § 64: „Die Geschäftsführer sind der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden.“
Geschäftsführer oder Vorstand sind den Gesellschaftern nach § 823 Abs. 2 BGB schadensersatzpflichtig, wenn Sie den Gesellschaftern oder Aktionären nicht den Verlust in Höhe des hälftigen Grund- oder Stammkapitals nach § 84 GmbHG oder § 401 AktG anzeigen.