Zahlungsunfähigkeit

Zah­lungs­un­fä­hig­keit ist gege­ben, wenn „der Schuld­ner nicht in der Lage ist, die fäl­li­gen Zah­lungs­pflich­ten zu erfül­len“ (§ 17 Abs. 2 Satz 1 InsO).

Zah­lungs­sto­ckung bedeu­tet, dass der Liqui­di­täts­eng­pass kurz­fris­tig besei­tigt wer­den kann.

Zah­lungs­ein­stel­lung ist ein Indiz für Zah­lungs­un­fä­hig­keit. Diese ist „in der Regel anzu­neh­men, wenn der Schuld­ner seine Zah­lun­gen ein­ge­stellt hat“ (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO).

Hört sich ein­fach an, ist in der Pra­xis aber oft sehr kom­pli­ziert. Ins­be­son­dere wenn die Buch­hal­tung nicht auf Stand ist. Der Insol­venz­ver­wal­ter hat es leich­ter: im Nach­hin­ein lässt sich der Zeit­punkt viel ein­fa­cher bestim­men. Und hat enorme Fol­gen für die ab dann ein­ge­tre­tene Rechtslage.

Auch Gläu­bi­ger, die von einem zah­lungs­un­fä­hi­gen Schuld­ner Zah­lun­gen erhal­ten, sind betrof­fen, da die Zah­lun­gen durch den Insol­venz­ver­wal­ter ange­foch­ten wer­den können.

Wen betrifft Zahlungsunfähigkeit?

Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten

Ist der Schuld­ner eine Kapi­tal­ge­sell­schaft ohne eine natür­li­che Per­son als haf­ten­dem Gesell­schaf­ter, ist mit Ein­tritt der Zah­lungs­un­fä­hig­keit für den Schuld­ner die Insol­venz­an­trags­pflicht gege­ben. Das gilt also für GmbH, AG, UG (haf­tungs­be­schränkt), Ltd. und alle Gesell­schaf­ten, bei denen kein per­sön­lich haf­ten­der Gesell­schaf­ter eine natür­li­che Per­son ist, wie zum Bei­spiel die GmbH & Co. KG, GmbH & Co. OHG. Außer­dem für Ver­eine, Stif­tun­gen und Genos­sen­schaf­ten.

Per­so­nen und Personengesellschaften

Zah­lungs­un­fä­hig ohne Insol­venz­an­trags­pflicht kön­nen Pri­vat­per­so­nen sein, aber auch Unter­neh­men mit min­des­tens einem per­sön­lich haf­ten­den Gesell­schaf­ter, der eine natür­li­che Per­son ist. Also die GbR, KG, OHG, Part­ner­schafts­ge­sell­schaf­ten, e.K., Frei­be­ruf­ler oder gewerb­li­che Ein­zel­un­ter­neh­mer. Die Zah­lungs­un­fä­hig­keit ist auch in die­sem Fall ein Insol­venz­er­öff­nungs­grund, aber ohne gesetz­li­che Pflicht. Auch ohne Insol­venz­an­trags­pflicht ändert sich Ihre Rechts­lage, siehe Fol­gen der Zah­lungs­un­fä­hig­keit.

Gläu­bi­ger

Und nicht zuletzt die Gläu­bi­ger eines insol­venz­rei­fen Unternehmens.


Wie stelle ich fest, ob Zah­lungs­un­fä­hig­keit vorliegt?

In der Unter­neh­mens­krise ist die Geschäfts­lei­tung ver­pflich­tet in regel­mä­ßi­gen Abstän­den die Zah­lungs­fä­hig­keit zu prüfen.

Die Prü­fung erfolgt in bis zu drei Schritten.

Abbildung: Diagramm Feststellung Zahlungsunfähigkeit

1. Fest­stel­lung des aktu­el­len Liquiditätsstatus

Falls die fäl­li­gen Ver­bind­lich­kei­ten im Liqui­di­täts­sta­tus grö­ßer als die aktu­ell zur Ver­fü­gung ste­hen­den Zah­lungs­mit­tel sind, besteht eine Deckungs­lü­cke oder Liquiditätslücke.

Bei einem vor­über­ge­hen­den, kurz­fris­ti­gen Man­gel an Zah­lungs­mit­teln wird von Zah­lungs­sto­ckung gespro­chen. Der kurz­fris­tige Zeit­raum ist in einem Grund­satz­ur­teil des BGH (24.05.2005 IX ZR 123/04) fest­ge­legt wor­den: die Liqui­di­täts­lü­cke muss inner­halb von drei Wochen besei­tigt werden.

2. Finanz­plan für die nächs­ten 21 Tage

Zeigt sich im Finanz­plan, dass die Lücke nach 21 Tagen geschlos­sen wer­den kann, liegt ledig­lich eine Zah­lungs­sto­ckung vor.

Ist die Liqui­di­täts­lü­cke besei­tigt – egal ob für 3 Tage oder 2 Jahre – beginnt bei einer neuen Unter­de­ckung eine neue Drei-Wochen-Frist.

Ergibt sich, dass auch nach 21 Tagen eine Lücke besteht, die wahr­schein­lich nicht besei­tigt wer­den kann, liegt Zah­lungs­un­fä­hig­keit und für bestimmte Rechts­for­men Insol­venz­an­trags­pflicht vor.

Wei­ter ist zu ermit­teln, ob die Deckungs­lü­cke grö­ßer oder klei­ner als 10% der fäl­li­gen Ver­bind­lich­kei­ten sein wird. Die pro­gnos­ti­zierte Deckungs­lü­cke wird ermit­telt durch Ver­gleich der Ver­bind­lich­kei­ten am Anfang zuzüg­lich aller in den nächs­ten drei Wochen fäl­li­gen Ver­bind­lich­kei­ten mit den anfäng­li­chen Zah­lungs­mit­tel­be­stän­den zuzüg­lich aller Ein­zah­lun­gen in den drei Wochen.

3. Finanz­plan für die nächs­ten drei bis sechs Monate

Ist die Deckungs­lü­cke nach 21 Tagen klei­ner als 10% und es ist über­wie­gend wahr­schein­lich, dass sie im Pro­gno­se­zeit­raum besei­tigt wer­den kann, liegt eine Zah­lungs­sto­ckung vor.

Wenn die Deckungs­lü­cke nach 21 Tagen grö­ßer als 10% ist, muss Lücke inner­halb der nächs­ten 3 bis 6 Monate mit an Sicher­heit gren­zen­der Wahr­schein­lich­keit besei­tigt wer­den. Das ist in der Pra­xis kaum mög­lich, siehe die Beweis­lage vor Gericht.

Ansons­ten liegt Zah­lungs­un­fä­hig­keit und bei bestimm­ten Rechts­for­men sofor­tige Insol­venz­an­trags­pflicht vor.


Liqui­di­täts­sta­tus

Der Liqui­di­täts­sta­tus wird zum Stich­tag durch Ver­gleich der vor­han­de­nen Zah­lungs­mit­tel (liquide Mit­tel) mit den fäl­li­gen und ein­ge­for­der­ten Zah­lungs­ver­pflich­tun­gen ermittelt.

Zah­lungs­mit­tel kön­nen sein:

  • nicht aus­ge­schöpfte Kreditlinien,
  • Gut­ha­ben bei Kreditinstituten,
  • Bar­mit­tel.

Zah­lungs­ver­pflich­tun­gen resul­tie­ren aus:

  • fäl­li­gen offe­nen Posten,
  • fäl­li­gen Steu­ern und Abgaben,
  • Lohn- und Gehaltszahlungen,
  • voll­streck­ba­ren Urkunden,
  • Gerichts­ur­tei­len,
  • sons­ti­gen ver­trag­lich ver­ein­bar­ten fäl­li­gen Zahlungen.

Ein­ge­for­dert bedeu­tet, dass eine Zah­lungs­auf­for­de­rung vor­liegt. Das kann bei­spiels­weise eine Rech­nung mit Zah­lungs­da­tum sein, eine Mah­nung ist dafür nicht erfor­der­lich. Ver­bind­lich­kei­ten ohne ver­ein­bar­ten Zah­lungs­ter­min sind nach § 271 BGB sofort fäl­lig. Auch Ver­si­che­rungs- oder Miet­ver­träge kön­nen regel­mä­ßige Zah­lungs­ter­mine ent­hal­ten. Gedul­dete, nicht aus­drück­lich von der Bank geneh­migte Über­zie­hun­gen bei Kon­to­kor­rent­kre­di­ten sind als fäl­lige For­de­rung anzusehen.

Gestun­dete Ver­bind­lich­kei­ten kön­nen außer Acht gelas­sen wer­den. Den Nach­weis einer getrof­fe­nen Stun­dungs­ver­ein­ba­rung muss der Schuld­ner führen.

Sind die fäl­li­gen Ver­pflich­tun­gen höher als der Bar­mit­tel­be­stand, besteht eine Liqui­di­täts­lü­cke. Sie müs­sen jetzt einen Finanz­plan für die nächs­ten 21 Tage erstellen.

Falls bei Ihrer Rechts­form Insol­venz­an­trags­pflicht besteht soll­ten Sie ab sofort den Liqui­di­täts­sta­tus und die geplan­ten Maß­nah­men doku­men­tie­ren.


Finanz­plan

Beim Finanz­plan (Liqui­di­täts­plan) die­nen die im Liqui­di­täts­sta­tus ermit­tel­ten Werte als Ausgangspunkt.

Sie kön­nen den Zah­lungs­mit­teln Ein­zah­lun­gen aus dem gewöhn­li­chen Geschäfts­be­trieb hin­zu­rech­nen, dazu zäh­len in ers­ter Linie die Ein­zah­lun­gen aus Umsät­zen, die im betrach­te­ten Zeit­raum wahr­schein­lich sind. Nicht berück­sich­ti­gen kön­nen Sie fäl­lige For­de­run­gen, deren Aus­gleich in den nächs­ten drei Wochen unwahr­schein­lich ist: weil Sie Ihren Kun­den bereits ange­mahnt oder eine Stun­dung gewährt haben, ein Rechts­streit anhän­gig ist oder deren Beglei­chung aus ande­ren Grün­den frag­lich ist.

Bei den Zah­lungs­ver­pflich­tun­gen müs­sen Sie alle im Betrach­tungs­zeit­raum fäl­lig wer­den­den Ver­bind­lich­kei­ten als Aus­zah­lun­gen berücksichtigen.

Mög­li­che kurz­fris­tige Liqui­di­täts­zu­flüsse, die Ihren Spiel­raum erwei­tern, fin­den Sie unten im Abschnitt Zah­lungs­un­fä­hig­keit besei­ti­gen.

Das fol­gende Bei­spiel zeigt am 30. Juni eine erste Deckungs­lü­cke von knapp 50%. Da diese sich in den nächs­ten Wochen ver­grö­ßert, tritt die Zah­lungs­un­fä­hig­keit an dem Tag ein.

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Mus­ter­ta­belle Finanzplan

Sie soll­ten bei den ers­ten Anzei­chen einer Krise fort­lau­fend einen Finanz­plan zu erstel­len. Sie ent­ge­hen damit nicht nur mög­li­chen straf­recht­li­chen oder mate­ri­el­len per­sön­li­chen Haf­tungs­an­sprü­chen. Die Vor­schau kann außer­dem hel­fen zukünf­tige Liqui­di­täts­lü­cken zu erken­nen und recht­zei­tig Gegen­maß­nah­men zu ergreifen.

Portrait Olaf SchubertInsol­venz­be­ra­tung Schu­bert: „Sie kön­nen meine Tabelle gerne als Vor­lage für einen eige­nen Finanz­plan ver­wen­den. Hier fin­den Sie Hin­weise zur Nut­zung der Tabelle.“

Down­load Mus­ter Finanz­plan. 

Bei lang­fris­ti­gen Betrach­tun­gen im Rah­men einer Fort­be­stehens­pro­gnose oder bei dro­hen­der Zah­lungs­un­fä­hig­keit kann auch mit wöchent­li­chen oder monat­li­chen Zeit­räu­men gerech­net wer­den. Der Mehr­auf­wand für eine täg­li­che Pla­nung ist aller­dings in den meis­ten Fäl­len zu ver­nach­läs­si­gen. Zudem ist die täg­li­che Pla­nung für die Prü­fung der Zah­lungs­un­fä­hig­keit geeigneter.

Wie kann ich eine Zah­lungs­un­fä­hig­keit beseitigen?

Alles hilft, was die Liqui­di­täts­lage ver­bes­sert. Die fol­gende Auf­zäh­lung kann als Anre­gung dienen.

Aktiv­seite 

  • Ver­kauf von kurz­fris­tig ver­wert­ba­rem Umlauf­ver­mö­gen (bei­spiels­weise Wert­pa­piere oder Lagerbestände)
  • oder kurz­fris­tig ver­wert­ba­rem Anla­ge­ver­mö­gen (bei­spiels­weise PKW)
  • Ein­trei­ben oder Liqui­die­rung von offe­nen For­de­run­gen (Fac­to­ring)
  • Rück­miet­ver­kauf (Sale and lease back)

Pas­siv­seite 

  • gedul­dete Über­zie­hun­gen des Kontos 
  • kurz­fris­tige Erhö­hung der Kontokorrentlinie 
  • Kapi­tal­ein­la­gen 
  • Gesell­schaf­ter­dar­le­hen 
  • Rang­rück­tritts­er­klä­run­gen für bestehende Darlehen 
  • Stun­dungs- oder Raten­zah­lungs­ver­ein­ba­run­gen mit Gläu­bi­gern, Finanz­amt und Krankenkassen

Im mei­nem Bei­spiel habe ich vier Ände­run­gen vorgenommen:

  1. Sie ver­kau­fen einen PKW zum 29. Juni.
  2. Sie bit­ten die Bank mit Erfolg um eine kurz­fris­tige Erhö­hung der Kon­to­kor­rent­li­nie für einen Monat (ab 4. Juli).
  3. Mit Lie­fe­rant D wurde eine Raten­zah­lungs­ver­ein­ba­rung getroffen.
  4. Zum 28. Juli wird eine Kapi­tal­erhö­hung eingezahlt.

Die Deckungs­lü­cke am 1. Juli beträgt über 9%. Das ist uner­heb­lich, da die Lücke am 4. Juli geschlos­sen wird.

Bei der Deckungs­lü­cke am 8. Juli gehen Sie mit an Sicher­heit gren­zen­der Wahr­schein­lich­keit davon aus, die Lücke durch die beschlos­sene Kapi­tal­erhö­hung zum 28. Juli schlie­ßen zu können.

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Sind die Gesell­schaf­ter nicht in der Lage, die aus­ste­hen­den Ein­la­gen zu leis­ten, besteht seit 8. Juli Zah­lungs­un­fä­hig­keit mit weit rei­chen­den Fol­gen für Ihre Rechts­lage.


Zah­lungs­ein­stel­lung als Indiz

Neben der betriebs­wirt­schaft­li­chen Prü­fung kön­nen auch wirt­schafts­kri­mi­na­lis­ti­sche Beweisan­zei­chen her­an­ge­zo­gen wer­den, um fest­zu­stel­len, ob Zah­lungs­un­fä­hig­keit vorliegt.

Der BGH hat die Ver­mu­tungs­re­gel nach § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO

Zahlungs­un­fä­hig­keit ist in der Regel anzu­neh­men, ist, wenn der Schuld­ner seine Zah­lun­gen ein­ge­stellt hat.“

in eini­gen Urtei­len prä­zi­siert, zum Bei­spiel BGH 20.06.2011, IX ZR 134/10:

Der Schuld­ner hat die Zah­lun­gen ein­ge­stellt, wenn er einen maß­geb­li­chen Teil der fäl­li­gen Ver­bind­lich­kei­ten nicht bezahlt. Diese Fest­stel­lung kann nicht nur durch eine Gegen­über­stel­lung der begli­che­nen und der offe­nen Ver­bind­lich­kei­ten, son­dern auch mit Hilfe von Indiz­tat­sa­chen getrof­fen werden“.

Sol­che Indi­zien kön­nen sein (BGH 18.07.2013, IX ZR 143/12):

Stun­dungs­ver­ein­ba­run­gen

Es kann schon rei­chen, eine falsch for­mu­lierte Stun­dungs­ver­ein­ba­rung mit einem Gläu­bi­ger zu tref­fen, um die Beweis­last vor Gericht umzu­keh­ren (BGH 12.10.2006, IX ZR 228/03):

Eigene Erklä­run­gen des Schuld­ners, eine fäl­lige Ver­bind­lich­keit nicht beglei­chen zu kön­nen, deu­ten auf eine Zah­lungs­ein­stel­lung hin, auch wenn sie mit einer Stun­dungs­bitte ver­se­hen sind .“

Zum Bei­spiel auch BGH 16.06.2016, IX ZR 23/15:

Kün­digt der Schuld­ner dem Gläu­bi­ger einer in den Vor­mo­na­ten deut­lich ange­wach­se­nen fäl­li­gen For­de­rung an, im Falle des Zuflus­ses neuer Mit­tel die Ver­bind­lich­keit nur durch eine Ein­mal­zah­lung und zwan­zig fol­gende Monats­ra­ten beglei­chen zu kön­nen, offen­bart er dem Gläu­bi­ger seine Zahlungsunfähigkeit.“

Raten­zah­lungs­ver­ein­ba­run­gen

Auch nicht ein­ge­hal­tene Raten­zah­lungs­ver­ein­ba­run­gen recht­fer­ti­gen die Annahme der Zah­lungs­ein­stel­lung (BGH 08.10.2009, IX ZR 173/07):

Bei einem Schuld­ner, der trotz erheb­li­cher Liqui­di­täts­vor­teile die auf­ge­lau­fe­nen Rück­stände nicht ein­mal raten­weise abtra­gen kann, ver­bie­tet sich die Annahme, er sei zah­lungs­fä­hig.“

Druck­zah­lun­gen

Ebenso nicht ein­ge­hal­tene Zah­lungs­zu­sa­gen oder Zah­lun­gen nur unter Druck (BGH 09.06.2016, IX 174/15):

Indi­zien für eine Zah­lungs­ein­stel­lung sind gege­ben, wenn der Schuld­ner selbst erteilte Zah­lungs­zu­sa­gen nicht ein­hält oder ver­spä­tete Zah­lun­gen nur unter dem Druck einer ange­droh­ten Lie­fer­sperre vor­nimmt.“

Nicht­ab­ge­führte Sozialversicherungsbeiträge

Das Nicht­zah­len von Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­gen oder Löh­nen ist sogar ein erheb­li­ches Beweis­mit­tel (BGH 30.06.2011 Az. IX ZR 134/10):

Durch die Nicht­zah­lung der Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­träge, der Löhne und der sonst fäl­li­gen Ver­bind­lich­kei­ten über einen Zeit­raum von mehr als drei Wochen nach Fäl­lig­keit ist für die betei­lig­ten Ver­kehrs­kreise hin­rei­chend erkenn­bar gewor­den, dass die Nicht­zah­lung auf einem objek­ti­ven Man­gel an Geld­mit­teln beruhte. Gerade Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­träge und Löhne wer­den typi­scher­weise nur dann nicht bei Fäl­lig­keit bezahlt, wenn die erfor­der­li­chen Geld­mit­tel hier­für nicht vor­han­den sind.“

Was ist dro­hende Zahlungsunfähigkeit?

Dro­hende Zah­lungs­un­fä­hig­keit ist nach § 18 Abs. 2 InsO, gege­ben, wenn der Schuld­ner „vor­aus­sicht­lich nicht in der Lage ist, die fäl­li­gen Zah­lungs­pflich­ten zu erfül­len.“

Mehr Infor­ma­tio­nen fin­den Sie auf mei­ner Seite dro­hende Zah­lungs­un­fä­hig­keit.


Was sind die Fol­gen der Zahlungsunfähigkeit?

Für Ein­zel­un­ter­neh­mer oder Personengesellschaften

Als natür­li­che Per­son oder Per­so­nen­ge­sell­schaft sind Sie nicht insol­venz­an­trags­pflich­tig (siehe Abschnitt Wen betrifft die Zah­lungs­un­fä­hig­keit), die Gläu­bi­ger lei­ten aber frü­her oder spä­ter Zwangs­voll­stre­ckungs­maß­nah­men wie Mahn­be­scheide oder Pfän­dun­gen ein. Durch einen Insol­venz­an­trag kön­nen Sie diese unterbrechen.

Auch wenn Sie nicht insol­venz­an­trags­pflich­tig sind, machen Sie sich ab dem Zeit­punkt der Zah­lungs­un­fä­hig­keit unter Umstän­den wegen Ein­ge­hungs­be­trug, Vor­ent­hal­ten von Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­gen, Bank­rott, Kre­dit­be­trug, Ver­let­zung der Buch­füh­rungs­pflich­ten oder Gläu­bi­ger­be­güns­ti­gung strafbar.

Für Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten

Schwer wie­gen­der sind die haf­tungs­aus­lö­sen­den Fol­gen für die ver­tre­tungs­be­rech­tig­ten Organe von Kapi­tal­ge­sell­schaf­ten. Als Geschäfts­füh­rer sind Sie nach § 64 GmbHG zum Ersatz von Zah­lun­gen ver­pflich­tet, die nach Ein­tritt der Zah­lungs­un­fä­hig­keit oder Fest­stel­lung der Über­schul­dung noch geleis­tet wer­den. Auch für neu ein­ge­gan­gene Ver­pflich­tun­gen ste­hen Sie – mit der Aus­nahme von Bar­ge­schäf­ten – ein.

Insol­venz­be­ra­tung Schu­bert: „Neben den oben genann­ten Straf­ta­ten wird ins­be­son­dere wegen Insol­venz­ver­schlep­pung in etwa einem Vier­tel aller Unter­neh­mens­in­sol­ven­zen ermit­telt, außer­dem sind Untreue und Ver­let­zung der Infor­ma­ti­ons­pflicht gegen­über den Gesell­schaf­tern straf­bar. Nut­zen Sie daher meine kos­ten­lose Erst­be­ra­tung. Ich zeige anhand von lega­len, von mir oft erprob­ten Ver­fah­rens­tech­ni­ken wie Sie mit der schwie­ri­gen Situa­tion am bes­ten umgehen.“ 

Kos­ten­lose anwalt­li­che Erst­be­ra­tung zu Insol­venz und Sanie­rung. 

Wich­tige Hinweise 

Doku­men­tie­ren!

Doku­men­tie­ren Sie in der Liqui­di­täts­krise die Liqui­di­täts­pla­nung und Ihre Ein­schät­zung warum wann wel­che Ein­zah­lun­gen zu erwar­ten sind.

Buchen!

Die Fest­le­gung der 10% Grenze bei der Liqui­di­täts­un­ter­de­ckung ver­pflich­tet den Geschäfts­füh­rer in der Krise eine fort­lau­fende Liqui­di­täts­pla­nung zu erstel­len. Diese kann aber nur ver­läss­lich sein, wenn alle fäl­li­gen Rech­nun­gen geprüft und gebucht wer­den. Der Insol­venz­ver­wal­ter hat es spä­ter leicht, eine sol­che Rech­nung nach­träg­lich zu erstellen.

Nach­träg­li­che Fest­le­gung des Zeit­punk­tes der Zahlungsunfähigkeit

Wenn im Insol­venz­ver­fah­ren nach­träg­lich zu ermit­teln ist, ab wann Zah­lungs­un­fä­hig­keit ein­ge­tre­ten ist, wird der Zeit­punkt ver­wen­det, an dem erst­mals Anzei­chen für eine mög­li­che Insol­venz­an­trags­pflicht vor­lie­gen. Für die­sen wird dann ein Liqui­di­täts­sta­tus erstellt.

Beweis­lage vor Gericht

Bei den oben unter Fest­stel­lung der Zah­lungs­un­fä­hig­keit und Zah­lungs­ein­stel­lung als Indiz auf­ge­stell­ten Regeln han­delt es sich um Ver­mu­tungs­re­geln. Diese bestim­men in einem Pro­zess die Ver­tei­lung der Beweis­last und kön­nen ent­schei­dend dafür sein, ob die Geschäfts­füh­rung in die per­sön­li­che Haf­tung genom­men wird.

Wird in der Finanz­pla­nung Zah­lungs­fä­hig­keit ange­nom­men, kann die Geschäfts­füh­rung trotz­dem in Haf­tung genom­men wer­den. Der Insol­venz­ver­wal­ter muss aber in die­sem Fall bewei­sen, dass zu einem bestimm­ten Zeit­punkt Zah­lungs­un­fä­hig­keit gege­ben war.

Umge­kehrt muss der Schuld­ner bei Vor­lie­gen von Indi­zien für eine Zah­lungs­ein­stel­lung bewei­sen, dass er zah­lungs­fä­hig war.

Ins­be­son­dere bei einer Liqui­di­täts­lü­cke von > 10% wäre zu bewei­sen, dass diese mit an Sicher­heit gren­zen­der Wahr­schein­lich­keit hätte besei­tigt wer­den kön­nen. Das wird im Insol­venz­fall kaum mög­lich sein.

Insol­venz­an­trags­frist beachten

Der Betrach­tungs­zeit­raum von drei Wochen in der Liqui­di­täts­pro­gnose ist nicht zu ver­wech­seln mit der Insol­venz­an­trags­frist von drei Wochen. Sobald der Geschäfts­füh­rer die Zah­lungs­un­fä­hig­keit fest­stellt oder mit kauf­män­ni­scher Sorg­falt hätte fest­stel­len kön­nen, ist Insol­venz­an­trags­pflicht gege­ben. Ergibt sich also aus dem Finanz­plan, dass die Unter­de­ckung vor­aus­sicht­lich nicht besei­tigt wer­den kann, müs­sen Sie mit den Vor­be­rei­tun­gen für den Insol­venz­an­trag begin­nen. Die­ser muss inner­halb von 21 Tagen beim Insol­venz­ge­richt ein­ge­hen, ansons­ten besteht die Gefahr einer Insol­venz­ver­schlep­pung.


Zah­lungs­un­fä­hig­keit aus Gläubigerperspektive

Für die Gläu­bi­ger eines insol­venz­rei­fen Unter­neh­mens ändert sich die Rechts­lage nach Ein­tritt der Zah­lungs­un­fä­hig­keit. Nach aktu­el­ler Recht­spre­chung wird die Rege­lung in § 17 Abs. 2 Satz 2 InsOZah­lungs­un­fä­hig­keit ist in der Regel anzu­neh­men, wenn der Schuld­ner seine Zah­lun­gen ein­ge­stellt hat.“ sehr oft so aus­ge­legt, dass der Gläu­bi­ger Kennt­nis von der Lage sei­nes Kun­den hatte. Siehe auch Zah­lungs­ein­stel­lung als Indiz.

Gefahr der Anfech­tung von erhal­te­nen Zahlungen

Die oben unter Fest­stel­lung der Zah­lungs­un­fä­hig­keit beschrie­be­nen Regeln wer­den bei der Insol­venz­an­fech­tung nicht berück­sich­tigt (BGH 20.06.2011 IX ZR 134/10):

Eine … Liqui­di­täts­bi­lanz ist im Anfech­tungs­pro­zess jedoch ent­behr­lich, wenn eine Zah­lungs­ein­stel­lung … die gesetz­li­che Ver­mu­tung der Zah­lungs­un­fä­hig­keit begründet.“

Bei dem Schuld­ner nahe­ste­hen­den Per­so­nen wird grund­sätz­lich ver­mu­tet, dass diese von der Zah­lungs­un­fä­hig­keit Kennt­nis hat­ten. Sie soll­ten alle Zah­lun­gen an die­sen Per­so­nen­kreis unter­las­sen. Der Insol­venz­ver­wal­ter holt sich diese Leis­tun­gen auf jeden Fall zurück. Sie haf­ten außer­dem per­sön­lich dafür.

Und auch Lie­fe­ran­ten sind oft dem Risiko aus­ge­setzt, dass Zah­lun­gen von insol­venz­rei­fen Kun­den vom Insol­venz­ver­wal­ter nach § 130 InsO spä­ter ange­foch­ten wer­den. Bei vor­sätz­li­cher Gläu­bi­ger­be­nach­tei­li­gung nach § 133 InsO sogar 4 Jahre rück­wir­kend.


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