Insolvenz in Eigenverwaltung: Hotel Park am See

Der Schloß­park am See am West­ufer des Tol­len­se­sees, rund 130 Kilo­me­ter von Ber­lin ent­fernt in Meck­len­burg, kann auf eine wech­sel­volle Geschichte bis das 19. Jahr­hun­dert zurück­bli­cken. Im Jahr 2016 kaufte die Unter­neh­me­rin Gabriele Wahl-Mul­te­rer mit einem Part­ner das Gelände und baute es zu einem Hotel-Resort mit Restau­rant, Fit­ness-Stu­dio und Yoga-Halle aus. Pro­bleme bei der Abstimmng von Denkmal‑, Brand- und Arbeits­schutz und die Ein­schrän­kun­gen durch die Corona-Pan­de­mie ver­zö­ger­ten die Fer­tig­stel­lung um meh­rere Jahre.

Der Land­schafts­park und seine Geschichte

16.000 Jahre ist der Tol­len­se­see alt und ist einer der größ­ten und sau­bers­ten der Meck­len­bur­ger Seen­platte. Der süd­lichste Teil des Tol­len­se­sees mit der Fischer­insel gehört zum Natur­schutz­ge­biet Non­nen­hof, der gesamte See und die angren­zen­den Wäl­der gehö­ren zum 10.440 ha gro­ßen Land­schafts­schutz­ge­biet Tol­len­se­be­cken. Im Bereich des Süd­endes des Tol­len­se­sees und der angren­zen­den Lieps wird seit meh­re­ren Jahr­hun­der­ten die Lage des sla­wi­schen Haupt­hei­lig­tums Rethra vermutet.

Blick auf den Tollensesee von Schloßpark Alt Rehse

An sei­nem West­ufer lag bis 1897 das Dorf­gut Alt Rehse bis der Baron Lud­wig von Hauff es erwarb und einen eng­li­schen Land­schafts­park samt Guts­haus errich­tete. Von Hauff – ver­wandt mit dem berühm­ten Dich­ter Wil­helm Hauff – taufte das Her­ren­haus „Schoß Lichtenstein“.

Luftbildansicht des Schloßparks am Tollensesee mit Herrenhaus und Fachwerkhäusern

1934 gin­gen Gut und Park durch Ent­eig­nung an den Hart­mann­bund, der hier auf Ver­lan­gen der Reichs­ärz­te­füh­rung die Füh­rer­schule der Deut­schen Ärz­te­schaft bauen ließ und das Gut in Besitz nahm. Das Dorf Alt Rehse wurde ab 1935 als NS-Mus­ter­dorf mit 22 nie­der­deutsch wir­ken­den reet­ge­deck­ten Back­stein-Fach­werk­häu­sern aus­ge­baut. Im Ver­lauf der Boden­re­form zog 1948 das als Heim­statt für Ver­trie­be­nen­wai­sen aus dem ehe­ma­li­gen deut­schen Osten gegrün­dete „Kin­der­dorf Alt Rehse“ in Schloss und Park Alt Rehse ein. 1952 bezog ein Insti­tut für Leh­rer­bil­dung die Schloss- und Park­an­lage, die 1955 dann kurz­zei­tig vom DDR-Minis­te­rium für Staats­si­cher­heit über­nom­men und 1958 an die Natio­nale Volks­ar­mee über­ge­ben wurde. Von 1978 bis 1982 wur­den Bun­ker­an­la­gen durch die NVA gebaut, die als Füh­rungs­stelle des Mili­tär­be­zirks V der NVA genutzt wer­den soll­ten. 1990 zog die Bun­des­wehr als Rechts­nach­fol­ger der NVA in das Park- und Bun­ker­ge­lände ein, ver­ließ es aber im Jahre 1998.

Foto eine Fachwerkhauses in Alt Rehse

Der Park ver­fiel in einen Dorn­rös­chen­schlaf und ver­wil­derte. Nach einer zwi­schen­zeit­li­chen Nut­zung durch eine alter­na­tive Lebens­ge­mein­schaft „Lebens­park“ fiel das Gelände nach einem lan­gen Rechts­streit 2015 zurück an den Immo­bi­li­en­händ­ler Ger­hard Preis­sing, die Initia­to­ren des Lebens­parks wur­den wegen Insol­venz­ver­schlep­pung ver­ur­teilt.

Neues Leben unter alten Bäumen

Im Jahr 2016 kaufte die Unter­neh­me­rin Gabriele Wahl-Mul­te­rer das Gelände und inver­stierte über 15 Mil­lio­nen Euro mit dem Ziel, die alten Fach­werk­häu­ser und das Her­ren­haus zu sanie­ren und in ein Hotel umzuwandeln.

Porträt Gabriele Wahl-MultererDie Diplom-Kauf­frau Gabriele Wahl-Mul­te­rer über­nahm 1989 den Mün­che­ner Fami­li­en­be­trieb Wahl­Op­top­arts, der Bau­teile aus Kunst­stoff für die tech­ni­sche Optik pro­du­ziert, und führte die­sen nach der Wende zusam­men mit einem ehe­ma­li­gen Zeiss-Betrieb im thü­rin­gi­schen Neu­stadt (Orla). Nach­dem sie das Unter­neh­men mit 250 Mit­ar­bei­tern ver­kauft hatte, war sie ange­stellte Geschäfts­füh­re­rin der Jen­op­tik Akti­en­ge­sell­schaft, wo sie anschlie­ßend noch sie­ben Jahre im Auf­sichts­rat saß. Neben­her hat sie sich stets im sozia­len und gesell­schaft­li­chen Bereich enga­giert. Für bei­des erhielt sie 2007 das Bundesverdienstkreuz.

Ursprüng­lich sollte die ers­ten Gäs­te­zim­mer im Jahr 2018 für die Nut­zung bereit ste­hen, doch kom­pli­zierte Abstim­mun­gen mit ver­schie­de­nen Behör­den, die für Denkmal‑, Brand- und Arbeits­schutz zustän­dig sind ver­zö­ger­ten das Pro­jekt wei­ter. Erst im Herbst 2022 waren 29 Gäs­te­zim­mer, Semi­nar- und Tagungs­räume, eine Yoga­halle sowie Sau­nen und ein Fit­ness­stu­dio fertig.

Foto der Yogahalle im Schloßpark Alt Rehse Hotel am See

Der Park am See ist ein ein­zig­ar­ti­ges Hotel­kon­zept, das Ruhe und Erho­lung inmit­ten einer fas­zi­nie­ren­den Natur­land­schaft ver­spricht. Jedes auf­wen­dig und lie­be­voll restau­rierte Haus umfasst nur wenige Zim­mer. Zwei davon jeweils sogar nur zwei groß­zü­gige Feri­en­woh­nun­gen mit Platz für vier Per­so­nen. Per­fekt, um in abso­lu­ter Pri­vat­sphäre zur Ruhe zu kom­men. Yoga-Retre­ats, Kanu­fah­ren auf dem See und kul­tu­relle Akti­ti­vi­tä­ten wie die Fest­spiele Meck­len­burg-Vor­pom­mern run­den das Ange­bot ab.

Insol­venz in Eigenverwaltung

Die jah­re­lan­gen Ver­zö­ge­run­gen durch behörd­li­che Auf­la­gen, unge­plante Auf­la­gen des Denk­mal­schut­zes, Ein­schrän­kun­gen durch die Corona-Pan­de­mie, stei­gende Mate­ri­al­kos­ten für Bau­ma­te­rial und schlechte Firn­an­zie­rungs­be­din­gun­gen für Hotel­be­triebe haben die Betrei­ber­ges­schaft, die „Schloss­park Alt Rehse Ent­wick­lungs GmbH“ gezwun­gen eine Insol­venz in Eigen­ver­wal­tung anzu­mel­den. Unter­stützt durch die Sanie­rungs­be­ra­ter RA Olaf Schu­bert und Dr. Chris­tian Matie­bel wird ein Sanie­rungs­plan mit dem Ziel der finan­zi­el­len Neu­aus­rich­tung und Erhalt mög­lichst vie­ler Arbeits­plätze erarbeitet.

Für die Gäste hat das Ver­fah­ren keine Aus­wir­kun­gen, der Übernachtungs‑, Event- und Gas­tro­no­mie­be­trieb läuft ohne Ände­run­gen wei­ter. Die Löhne und Gehäl­ter der Ange­stell­ten sind zunächst durch das Insol­venz­geld gesi­chert. Die Inves­to­rin und Geschäfts­füh­re­rin Wahl-Mul­te­rer lei­tet das Unter­neh­men auch wäh­rend des Insol­venz­ver­fah­rens mit Unter­stüz­tung durch die Sanie­rungs­be­ra­ter als Geschäfts­führin wei­ter. Der gericht­lich bestellte Sach­wal­ter Ste­fan Lud­wig aus der Kanz­lei Schultze & Braun ver­tritt im Ver­fah­ren die Inter­es­sen der Gläu­bi­ger.

Fotoe eines Gästezimmers im Hotel Park am See

Porträt Gabriele Wahl-MultererBevor ich die Ent­schei­dung getrof­fen habe und beim Gericht war, ging es mir nicht gut. Ich habe unter­schied­lichste Mög­lich­kei­ten erwo­gen und saß viele Stun­den, bei denen ich mit mir in Klau­sur gegan­gen bin. Dann habe ich gese­hen, dass es ent­we­der noch schlim­mer wird oder dass ich jetzt die Reiß­leine zie­hen muss, um von einer ande­ren Basis anfan­gen zu kön­nen. Wir haben uns ja für eine Insol­venz in Eigen­ver­wal­tung ent­schie­den, nicht für eine klas­si­sche Insolvenz.

Geschäft­füh­re­rin Gabriele Wahl-Mul­te­rer im Nord­ku­rier.

Bank auf dem Steg im Tollensesee Hotel Park am See


Hotel­bu­chung für den Park am See


Alle Fotos © Hotel Park am See