Insolvenzgläubiger ist, wer zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung eine unbesicherten Vermögensanspruch gegen den Insolvenzschuldner hat.
Voraussetzungen
Nach § 38 InsO muss es sich um einen persönlichen Gläubiger mit Vermögensanspruch handeln. Vermögensanspruch heißt, die Forderung muss eine Geldforderung zum Inhalt haben oder sich gemäß § 45 InsO in eine solche umrechnen lassen. Die Festlegung auf persönliche Gläubiger schließt dingliche Forderungen aus. Bei einer dinglichen Schuld haftet eine Sache für die Forderung, zum Beispiel eine Immobilie mit darauf liegender Grundschuld.
Massegläubiger, aussonderungsberechtige oder absonderungsberechtigte Gläubiger sind keine Insolvenzgläubiger.
Anmeldung der Forderungen
Damit die Forderung des Insolvenzgläubigers geprüft werden und an der Verteilung der Masse teilnehmen kann, muss sie nach § 174 InsO schriftlich beim Insolvenzverwalter angemeldet werden. Wird das Verfahren in Eigenverwaltung durchgeführt, sind Forderungen beim Sachverwalter anzumelden (§ 270c InsO).
Darf der Insolvenzgläubiger aufrechnen?
Hat der insolvente Schuldner eine fällige Forderung gegen einen Insolvenzgläubiger, dann darf der Gläubiger diese nach § 94 InsO von seiner Forderung abziehen (aufrechnen). Anderenfalls müsste der Gläubiger seine Verbindlichkeit an die Masse zahlen, würde aber mit seiner Forderung nur an der Auszahlung der Quote teilnehmen.
War die Forderung des Insolvenzgläubigers zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht fällig, kann nach § 95 InsO nicht aufgerechnet werden. § 96 InsO schließt die Aufrechnung aus für
- Forderungen aus anfechtbaren Handlungen,
- Forderungen, die von anderen Gläubiger übernommen wurden,
- Verbindlichkeiten, die nach Insolvenzeröffnung entstanden sind oder
- Forderungen, die der Schuldner aus dem insolvenzfreien Vermögen zu erfüllen hat.
Weitere Rechte der Insolvenzgläubiger
Gläubiger haben das Recht, einen Fremdantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen.
Insolvenzgläubiger dürfen an Gläubigerversammlungen teilnehmen und dort über den Fortgang des Verfahrens entscheiden. Sie kommen als Mitglieder eines Gläubigerausschusses in Frage (§ 67 Abs. 2 InsO).
Bürgen und Gesamtschuldner
Als Gesamtschuldner werden mehrere Schuldner bezeichnet, von denen jeder zur Begleichung einer Forderung verpflichtet ist. Der Gläubiger darf die Leistung nur ein Mal verlangen. Zahlt ein Schuldner die gesamte Forderung, kann dieser die anteilige Begleichung von den anderen Gesamtschuldnern verlangen.
Damit eine Forderung in einem Insolvenzverfahren nicht mehrfach angemeldet wird, dürfen Gesamtschuldner und Bürgen des insolventen Schuldners ihre Forderung nach § 44 InsO nur im Insolvenzverfahren anmelden, wenn entweder
- der Gläubiger seine Forderung nicht anmeldet oder
- die Forderung auf den Bürgen oder Gesamtschuldner übergegangen ist, weil er sie vollständig bezahlt hat.
Umgekehrt kann ein Gläubiger die gesamte Forderung in mehreren Insolvenzverfahren gegen jeden Gesamtschuldner geltend machen (§ 43 InsO).
Rangklassen der Insolvenzgläubiger
Die Gläubigerbefriedigung erfolgt stufenweise nach Rangklassen (Rangfolgen). Erst wenn die Forderungen einer Rangklasse vollständig ausgeglichen sind, kann die nächste Rangklasse berücksichtigt werden.
Zur Verteilung an die Insolvenzgläubiger (Rang 0) steht die sogenannte Teilungsmasse zur Verfügung. In seltenen Fällen bleibt nach Befriedigung der Insolvenzgläubiger eine Restmasse, die zum Ausgleich nachrangiger Forderungen verwendet wird.
Nachrangige Insolvenzgläubiger
Die nachrangigen Insolvenzforderungen sind in § 39 InsO beschrieben. Inhaber solcher Forderungen sind nachrangige Insolvenzgläubiger. Die nachrangigen Forderungen werden in folgender Reihenfolge (Rangfolge) berücksichtigt.
- Zinsen und Säumniszuschläge auf Forderungen der Insolvenzgläubiger nach Verfahrenseröffnung,
- Kosten, die Insolvenzgläubigern durch Teilnahme am Verfahren entstehen,
- Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgelder, Zwangsgelder oder Ähnliches,
- Forderungen auf eine unentgeltliche Leistung des Schuldners,
- Forderungen aus Gesellschafterdarlehen oder gleichgestellte Forderungen,
- Insolvenzforderungen, für die zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang vereinbart wurde (Rangrücktritt).
Ausnahmen: Gesellschafterdarlehen sind nicht nachrangig, wenn die Gesellschaft mindestens einen persönlich haftenden Gesellschafter hat. Auch nicht, sofern sich ein Gläubiger zum Zweck der Sanierung erst nach drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung an der Gesellschaft beteiligt (§ 39 Abs. 4 InsO). Ebenfalls nicht betroffen sind Darlehen von nicht geschäftsführenden Gesellschaftern, die mit 10% oder weniger am Kapital beteiligt sind (§ 39 Abs. 5 InsO).
Nachrangige Forderungen werden nur berücksichtigt, wenn das Insolvenzgericht ausdrücklich dazu auffordert (§ 174 Abs. 3 InsO).
Die Chancen auf eine Berücksichtigung bei der Verteilung sind allerdings sehr gering. Nachrangforderungen werden erst dann befriedigt, wenn die Verfahrenskosten, die Forderungen der Absonderungsberechtigten, der Massegläubiger und die gewöhnlichen Insolvenzforderungen vollständig ausgeglichen sind.