Air Berlin - Chronik einer angekündigten Insolvenz (1/2)

Air Ber­lin wurde bekannt mit dem Mal­lorca-Shut­tle und den Air-Ber­lin-Scho­ko­her­zen. Was für viele eine legen­däre Insti­tu­tion ist, ist für andere der Inbe­griff von Miss­ma­nage­ment. Seit dem Erwerb von 25 % Antei­len der öster­rei­chi­schen Flug­li­nie Niki in 2004 schrieb Air Ber­lin in nur drei Geschäfts­jah­ren schwarze Zah­len. Die Air Ber­lin PLC & Co. Luft­ver­kehrs KG bean­tragt die Eröff­nung eines Insol­venz­ver­fah­rens mit 1,9 Mil­li­ar­den Euro Ver­bind­lich­kei­ten im August 2017. Davon ent­fie­len allein 780 Mil­lio­nen auf den Ver­lust des Jah­res 2016.

Wie konnte es soweit kom­men, dass die eins­tige Vor­zeige-Flug­ge­sell­schaft einem so rasan­ten Abstieg aus­ge­setzt war?

Anhand einer Chro­nik der Ereig­nisse ver­sucht die­ser Arti­kel, dar­auf eine Ant­wort zu fin­den und auch die – teils undurch­sich­tige – Rolle der Poli­tik, der ande­ren Flug­ge­sell­schaf­ten, des Gene­ral­be­voll­mäch­tig­ten und des Insol­venz­ver­wal­ters zu beleuchten.

Inhalt

1978 bis 2015

1978 Grün­dung im US-Bun­des­staat Ore­gon als Air Ber­lin, Inc. Mit zwei Flug­zeu­gen wird die Stre­cke Ber­lin – Mal­lorca ange­bo­ten. Zu die­ser Zeit durf­ten west­deut­sche Gesell­schaf­ten das geteilte Ber­lin nicht anfliegen.

1991 Der frü­here Mar­ke­ting­chef der LTU, Joa­chim Hunold, wird Aktio­när und Geschäfts­füh­rer. Pro Tag wer­den 15 Flüge abgewickelt.

1998 Beginn des Lini­en­flu­ge­schäfts mit dem Mallorca-Shuttle.

2003 Air Ber­lin wird mit einer Flotte von 46 Flug­zeu­gen zweit­größte deut­sche Airline.

2004 Air Ber­lin steigt mit 24% bei Niki, der vom ehe­ma­li­gen Formel‑1 Pilo­ten Niki Lauda gegrün­de­ten Flug­ge­sell­schaft, ein und bestellt 70 neue Flug­zeuge bei Airbus.

2005 Über­nahme des Bil­lig­flie­gers Ger­ma­nia Express und Umwand­lung in eine bri­ti­sche PLC (Public Limi­ted Com­pany – Kapitalgesellschaft)

Foto von Joachim Hunold hinter Flugzeigmodell von Air Berlin
Joa­chim Hunold bringt Air Ber­lin an die Börse und expan­diert kräftig.

2006 Air Ber­lin geht an die Börse und kauft die Flug­li­nie DBA vom Unter­neh­mer Hans Rudolf Wöhrl. Die Air Ber­lin Flotte umfasst nun 117 Flug­zeuge, weite 75 Maschi­nen wer­den bei Boe­ing geordert.

2007 Von Hans Rudolf Wöhrl über­nimmt Air Ber­lin außer­dem die Feri­en­flug­li­nie LTU. Zusam­men mit der neu erwor­be­nen Betei­li­gung von 49% an der Schwei­zer Flug­li­nie Belair bedeu­tet das den Ein­stieg in das Interkontinentalgeschäft.

2008 Infolge der Finanz­krise geht die Aus­las­tung zurück, Air Ber­lin schreibt erst­mals rote Zah­len. Die Ermitt­lun­gen der Staats­an­walt­schaft gegen Hunold und den Auf­sichts­rats­chef Joa­chim Zur­nie­den wegen Insi­der­han­dels wer­den ein­ge­stellt. Der Akti­en­kurs schmiert auf­grund explo­die­ren­der Treib­stoff­kos­ten von 20€ auf unter 4€ ab.

2009 Der Rei­se­kon­zern TUI über­nimmt 10% der Anteile von Air Ber­lin, im Gegen­zug erhält Air Ber­lin das Städ­te­flug­ge­schäft von TUIfly und 17 Flug­zeuge. Die Flotte umfasst nun 152 Flug­zeuge. Voll­kom­me­nes Unver­ständ­nis herrscht in der Bran­che, als spä­ter Ein­zel­hei­ten bekannt wur­den: der Ver­trag hatte eine Lauf­zeit von 20 Jah­ren und war nur ein­sei­tig durch die TUI kündbar.

Bran­chen­ken­ner Prof. Karl Born: „TUI hat den Air-Ber­lin-Vor­stand über den Tisch gezo­gen. Zu die­sem Zeit­punkt musste man rück­bli­ckend Air Ber­lin schon als nicht mehr rett­bar bezeichnen.“

2010 Air Ber­lin hält jetzt 100% an Niki und tritt der One­world-Alli­anz von Bri­tish Air­ways, Cathay Paci­fic, Quan­tas und Ame­ri­can Air­line bei.

2011 Der ehe­ma­lige Metro-Geschäfts­füh­rer Hans-Joa­chim Kör­ber wird Vor­sit­zen­der des Ver­wal­tungs­ra­tes und ver­langt auf­grund der schlech­ten Geschäfts­zah­len eine Umstruk­tu­rie­rung. Vor­stands­chef Joa­chim Hunold star­tet ein Spar­pro­gramm und wird im August durch den ehe­ma­li­gen Bahn­chef Hart­mut Meh­dorn ersetzt.

Peter Ber­ger vom Köl­ner Stadt Anzei­ger: „Berauscht vom eige­nen Erfolg hat der Grün­der und lang­jäh­rige Kon­zern­chef von Air Ber­lin eine Kette von Fehl­ent­schei­dun­gen getrof­fen – und damit sein Lebens­werk zertrümmert.“

Meh­dorn macht bei Air Ber­lin da wei­ter, wo er bei der Bahn auf­ge­hört hatte: er erlässt ein Spar­pro­gamm nach dem ande­ren. Diese sind nicht von Erfolg gezeich­net, Bes­se­rung bleibt aus. Aus der 170 Flug­zeuge star­ken Flotte wer­den 18 Maschi­nen verkauft.

2012 Die ara­bi­sche Flug­li­nie Eti­had aus Abu Dhabi erhöht ihren Anteil auf 29,2% und wird größ­ter Aktionär.

2013 Der neue Vor­stands­chef Wolf­gang Prock-Schauer ver­schäft das Spar­pro­gramm und streicht jeden 10. Arbeits­platz. Die Flotte umfasst noch 142 Flie­ger. Um Liqui­di­tät zu gene­rie­ren, ver­kauft Finanz­vor­stand Ulf Hütt­meyer wei­tere Flug­zeuge und least sie zurück (Sale and lease back).

2015 Ste­fan Pich­ler, Ex-Luft­hansa, geholt vom Eti­had-Chef James Hogan, über­nimmt den Vor­sitz im Vorstand.

Der Jah­res­fehl­be­trag erhöht sich auf 447 Mil­lio­nen Euro. Hogans Ret­tungs­plan für Air Ber­lin sieht vor, die Flotte auf 60 Flug­zeuge zu ver­klei­nern. Bedient wer­den sol­len nur noch Lang­stre­cken­flüge und Zubrin­ger­dienste. Kos­ten für den Rück­bau: rund 350 Mil­lio­nen Euro für Sozi­al­pläne und Ablö­sung von Lea­sing­ver­trä­gen. Das ist dem Eigen­tü­mer von Eti­had, den Ver­ei­nig­ten Ara­bi­schen Emi­ra­ten, zu viel.

2016

Früh­jahr 2016 – Das Spiel beginnt

Nach einem Bericht des Spie­gel vom 4. August 2018 ver­ab­re­den sich Hogan und Luft­hansa-Chef Cars­ten Spohr zu einem gehei­men Tref­fen im Züri­cher Hotel Baur au Lac. Hogan droht damit, Teile von Air Ber­lin an Easy­jet zu ver­kau­fen. Inof­fi­zi­ell, denn mit einem Anteil von unter 30% darf Eti­had keine Ent­schei­dun­gen für Air Ber­lin tref­fen. Hogan fragt, ob Luft­hansa-Toch­ter Euro­wings nicht auch Inter­esse an der Ber­li­ner Air­line hätte. Das passt in Spohrs Pläne, mit der Toch­ter Euro­wings zu expan­die­ren. Er trifft sich in der Folge öfter mit Hogan in Lon­don, Rom, Mün­chen und Abu Dhabi.

20. Juli – Pokerpartie

Flugzombie Air Berlin
Der Flug­zom­bie (Wirt­schaft­wo­che)

Ulf Hütt­meyer, vor­her Finanz­vor­stand Air Ber­lin und jetzt beschäf­tigt bei Air-Ber­lin-Groß­ak­tio­när Eti­had, ver­han­delt mit der Luft­hansa über einen Ver­kauf von Tei­len des Flug­zom­bies Air Ber­lin an die Luft­hansa-Toch­ter Euro­wings. Die Wirt­schafts­wo­che spricht von einer Poker­par­tie mit ungleich ver­teil­ten Blät­tern. Teil­neh­mer: Air Ber­lin, Luft­hansa, Eti­had und die Bundesregierung.

Eti­had Air­ways, die fast 1 Mil­li­arde Euro in Air Ber­lin inves­tiert hat, möchte die Lang­stre­cken­flüge aus Ber­lin und Düs­sel­dorf in ihrem Netz behal­ten. Sie machen außer­dem Druck, den ver­lust­brin­gen­den Rest schnell zu ver­äu­ßern, denn der auf­ge­lau­fene Fehl­be­trag über­steigt inzwi­schen 1,2 Mil­li­ar­den Euro.

Die Luft­hansa befürch­tet, dass die Low-Cost-Car­rier Easy­jet oder Ryan­air Teile von Euro­wings über­neh­men und einen Preis­kampf los­tre­ten wer­den. Gleich­zei­tig soll die Toch­ter Euro­wings zur dritt­größ­ten euro­päi­schen Air­line hin­ter den bei­den Wett­be­wer­bern aus­ge­baut wer­den. Nur Insol­venz anmel­den durfte Air Ber­lin nicht, da die Start- und Lan­de­rechte (Slots) an den Flug­hä­fen sonst ver­fal­len würden.

Die Bun­des­re­gie­rung müsste sich in beson­de­rer kar­tell­recht­li­cher Fle­xi­bi­li­tät üben, denn die ver­grö­ßerte Lufthansa/Eurowings hätte auf eini­gen inner­deut­schen Stre­cken mono­pol­ar­tige Marktanteile.

Air Ber­lin spielt nicht mehr mit, Air Ber­lin ist der Pot.

28. Sep­tem­ber – Luft­hansa über­nimmt Flugzeuge

Die Radi­kal­kur beginnt: die Luft­hansa mie­tet 40 Flug­zeuge samt Per­so­nal, 35 davon wer­den bei der Luft­hansa-Toch­ter Euro­wings ein­ge­setzt, 5 bei Aus­trian Air­lines. Wei­tere 38 Flug­zeuge sol­len von einem Gemein­schafts­un­ter­neh­men mit TUI und Eti­had unter dem Mar­ken­na­men Niki betrie­ben wer­den. Anstelle von 142 sol­len nur noch 75 Maschi­nen unter dem Mar­ken­na­men Air Ber­lin fliegen.

Die Anzahl der Mit­ar­bei­ter soll von 8.600 betriebs­be­dingt um 1.200 Stel­len gekürzt wer­den. Der Umbau soll Ende März 2017 zum Start des Som­mer­flug­plans in Kraft tre­ten und steht unter dem Vor­halt der kar­tell­recht­li­chen Zustim­mung. Bran­chen­ken­ner befürch­ten starke Preis­er­hö­hun­gen, wenn Lufthansa/Eurowings auf Rou­ten wie Ham­burg-Mün­chen der ein­zi­gen Anbie­ter ist.

2017

1. Februar – Win­kel­mann kommt

Aus­ge­rech­net von der Luft­hansa kommt der vierte neue CEO inner­halb von fünf­ein­halb Jah­ren. Tho­mas Win­kel­mann sagt der Presse zum Amtsantritt:

Win­kel­mann als neuer Vor­stands­vor­sit­zen­der: „Ich habe die Auf­gabe mit dem Ziel über­nom­men, die Neu­po­si­tio­nie­rung des Unter­neh­mens erfolg­reich abzuschließen.“

Bis Ende 2016 war Win­kel­mann, Freund von Luft­hansa-CEO Cars­ten Spohr, jah­re­lang in lei­ten­den Posi­tio­nen beschäf­tigt, unter ande­rem als Geschäfts­füh­rer der Luft­hansa-Toch­ter Ger­man­wings. Den bis 2021 befris­te­ten Ver­trag, der inklu­sive Prä­mien mit 4,5 Mil­lio­nen Euro ver­gü­tet wird, sichert Eti­had mit einer Bank­ga­ran­tie ab, so dass auch bei dro­hen­der Zah­lungs­un­fä­hig­keit des Unter­neh­mens das Salär des Chefs nicht in Gefahr ist. Allen Betei­lig­ten muss schon zu die­sem Zeit­punkt klar gewe­sen sein, dass es nun noch darum gehen konnte, den Sarg­de­ckel zuzu­ma­chen.

Niki Lauda kom­men­tiert spä­ter in einem Inter­view: „Die Luft­hansa arbei­tete seit Anfang des Jah­res mit 60 Mann an der Air-Ber­lin-Über­nahme. Die hat­ten vom ers­ten Tag an einen Plan, wie sie sich am ein­fachs­ten die Air Ber­lin unter den Nagel reißen. “

19. April – Luft­hansa-Gewerk­schaft trifft Air Ber­lin Vorstand

Laut einem Bericht der Bild tref­fen Ver­tre­ter der bei Luft­hansa wich­ti­gen Gewerk­schaft Ufo den Vor­stand von Air Ber­lin. Die Pointe: Ufo ist gar nicht bei Air Ber­lin tätig.

Mög­li­cher­weise bereits die Vor­be­rei­tun­gen für eine Übernahme?

Die Stim­mung des Kabi­nen­per­so­nal soll sich auf dem Tief­punkt befin­den, in einem offe­nen Brief vor Ostern heißt es:

die Unter­stüt­zung der Ver­wal­tung für die Flug­be­glei­ter ist an einem abso­lu­ten Tief­punkt ange­langt… Feh­ler und Krank­heit sind die Folgen.“

28. April – neuer Rekordverlust

Die Zah­len für das Geschäfts­jahr 2016 wer­den bekannt gege­ben. Bei einem auf 3,79 Mil­li­ar­den Euro gesun­ke­nen Umsatz steigt der Ver­lust auf knapp 782 Mil­lio­nen. Für das erste Quar­tal 2018 mel­det Air Ber­lin wei­tere 293 Mil­lio­nen Euro Ver­lust – etwa 3 Mil­lio­nen am Tag oder 135.000 € in der Stunde.

1. Mai – Mer­kel und Spohr in Abu Dhabi

Angela Mer­kel trifft zu einem Staats­be­such in Abu Dhabi ein. Mit im Gepäck: Luft­hansa-Chef Spohr. Bis auf Air Ber­lin sind nun alle Teil­neh­mer der Poker­par­tie an einem Tisch. Luft­hansa möchte Air Ber­lin kau­fen, um sich – mit Hilfe der Bun­des­re­gie­rung – aus­län­di­sche Kon­kur­renz vom Leib zu hal­ten, Eti­had will dem ver­lo­re­nen Invest­ment nicht noch mehr Geld hin­ter­her wer­fen und die ver­lust­brin­gende Toch­ter los wer­den. Wor­über wurde dann ver­mut­lich ver­han­delt? Die Schul­den, das deut­sche Kar­tell­recht und die Über­nahme der Beschäftigten.

15. Juli – Hunold geht

Nach­fol­ger von Joa­chim Hunold als Chef des Ver­wal­tungs­ra­tes wird der ehe­ma­lige Bahn-Vor­stand Gerd Brecht, Jurist und Spe­zia­list für Übernahmen.

Das vor­läu­fige Insolvenzverfahren

11. August – Insolvenzantrag

Eti­had Air­ways ver­wei­gert wei­tere Zah­lun­gen, die nötig wären, um den Flug­be­trieb auf­recht zu erhal­ten. Air Ber­lin ist nun zah­lungs­un­fä­hig und hat keine posi­tive Fort­be­stehens­pro­gnose mehr. Der Air-Ber­lin Vor­stand stellt den Antrag auf Eröff­nung eines Insol­venz­ver­fah­rens in Eigen­ver­wal­tung beim zustän­di­gen Insol­venz­ge­richt Amts­ge­richt Charlottenburg.

Frank Kebe­kus, als Gene­ral­be­voll­mäch­tig­ter ein­ge­setzt, steu­ert Air Ber­lin an der Seite von CEO Tho­mas Win­kel­mann durch den Ver­kaufs­pro­zess und die Klip­pen des Insol­venz­rechts. Prof. Dr. Lucas Flö­ther, Sach­wal­ter, prüft in die­ser Funk­tion im Auf­trag des Insol­venz­ge­richts, ob bei der Insol­venz in Eigen­ver­wal­tung der Flug­ge­sell­schaft alles kor­rekt läuft. Er ver­tritt die Inter­es­sen der zahl­rei­chen Gläu­bi­ger und beauf­sich­tigt die Ret­tungs­mis­sion. Gemein­sam wol­len sie die Sanie­rung der Flug­li­nie vor­an­trei­ben. Flö­ther, der zuletzt auch das Insol­venz­ver­fah­ren des Web­por­tals Unis­ter betreute, bezif­fert die Ver­bind­lich­kei­ten von Air Ber­lin auf 1,5 Mil­li­ar­den Euro.

14. August – Bun­des­re­gie­rung gewährt 150-Millionen-Kredit

Die Bun­des­re­gie­rung ent­schei­det über ein Mas­se­dar­le­hen an Air Ber­lin. Die offi­zi­elle Begrün­dung im Bei­hil­fe­be­schluss der EU-Kom­mis­sion: Tau­sende deut­scher Urlau­ber hät­ten sonst keine Mög­lich­keit vom Urlaubs­ort zurück zu keh­ren und wür­den unter Umstän­den die Bun­des­tags­wahl am 24. Sep­tem­ber verpassen.

Am 12. August beauf­tragte die Regie­rung das Wirt­schafts­prü­fungs­un­ter­neh­men Pri­ce­wa­ter­hous­e­Coo­pers (PwC) damit, die Recht­mä­ßig­keit eines Über­brü­ckungs­kre­dits zu unter­su­chen. Bereits am 14. August fällt die Bun­des­re­gie­rung die Ent­schei­dung, den Kre­dit zu bewilligen.

17. August – Kri­tik am Kredit

Die finale gut­ach­ter­li­che Vor­lage von PwC trifft ein, ist aber zum aktu­el­len Zeit­punkt ohne Nut­zen, da dem Kre­dit unab­hän­gig vom Ergeb­nis des Gut­ach­tens schon frü­her statt­ge­ge­ben wurde. Dies ruft Kri­tik von Sei­ten der Oppo­si­tion hervor. 

Rein­hard Hou­ben, wirt­schafts­po­li­ti­scher Spre­cher der FDP-Bun­des­tags­frak­tion, dazu:

Offen­sicht­lich war die Bear­bei­tungs­zeit der Wirt­schafts­prü­fer nicht nur sehr knapp bemes­sen, die Ent­schei­dung erfolgte offen­sicht­lich auch unab­hän­gig von der Posi­tio­nie­rung von PwC.“

Luft­hansa will rund 90 von 144 Flug­zeu­gen aus der Air-Ber­lin-Flotte und die Air-Ber­lin-Toch­ter Niki durch die Toch­ter Euro­wings übernehmen.

18. August – Bun­des­re­gie­rung favo­ri­siert Lufthansa

Win­kel­mann will den Ver­kauf unter Dach und Fach brin­gen, idea­ler­weise an Luft­hansa. Die Bun­des­re­gie­rung gewährt einen Kre­dit von 150 Mil­lio­nen Euro, um den Flug­ver­kehr auf­recht erhal­ten zu kön­nen und deu­tet Prä­fe­ren­zen im Bie­ter­pro­zess an. 

Bun­des­wirt­schafts­mi­nis­te­rin Zypries (SPD) dazu: „ .. dass natür­lich ein Inter­esse als Bun­des­re­gie­rung besteht, mit Luft­hansa ein star­kes deut­sches Unter­neh­men zu haben, was sich im euro­päi­schen und welt­wei­ten Wett­be­werb behaup­ten kann.“

Bun­des­ver­kehrs­mi­nis­ter Alex­an­der Dob­rindt (CSU) fin­det: „dass wir einen deut­schen Cham­pion im inter­na­tio­na­len Luft­ver­kehr brauchen“.

Der Air­line- und Tex­til­mil­li­ar­där Hans Rudolf Wöhrl kün­digt an, sich eben­falls im Bie­ter­pro­zess betei­li­gen zu wol­len, kri­ti­siert aber auch die Bun­des­re­gie­rung, Air Ber­lin und die Luft­hansa scharf. Es gebe beim Poker um Air Ber­lin viele Ver­stöße gegen Cor­po­rate Gover­nance, also die recht­mä­ßige Unter­neh­mens­füh­rung. Eben­falls bemän­gelt er, dass die Anmie­tung und fak­ti­sche Über­nahme von rund ein Vier­tel der Air-Ber­lin-Flotte im Januar 2017 durch Luft­hansa ein star­kes Indiz sei, dass die Über­nahme von län­ge­rer Hand geplant wurde.

Hans Rudolf Wöhrl: „skan­da­lös, wie die Bun­des­re­gie­rung hier mit Steu­er­gel­dern ein Mono­pol schafft.“

Auf der Web­seite des vor­läu­fi­gen Sach­wal­ters Insol­venz­ver­wal­ters Flö­ther & Wis­sing ist zu lesen, dass Win­kel­mann das Ange­bot von Wöhrl nicht als seriös ansieht:

Win­kel­mann: „Wir hal­ten das für einen PR-Gag eines Trittbrettfahrers“.

Der CEO des iri­schen Bil­lig­flug­an­bie­ters Ryan­air, Michael O’Leary, äußert sich eben­falls kri­tisch: durch das Kom­plott von Regie­rung, Air Ber­lin & Luft­hansa, steige deren Markt­an­teil auf inner­deut­schen Stre­cken auf 95% an und reicht Beschwerde Beschwer­den beim Bun­des­ar­tell­amt und der EU-Wett­be­werbs­kom­mis­sion ein.

Michael O’Leary „Ein abge­kar­te­tes Spiel.“

Der Chef des Bun­des­kar­tell­amts, Andreas Mundt, kün­digt an, dass seine Behörde sich eine Über­nahme von Air Ber­lin durch die Luft­hansa „gege­be­nen­falls sehr genau anse­hen werde“.

Die Gläu­bi­ger­aus­schüsse

23. August – Kon­sti­tu­ie­rende Sitzungen

Die vor­läu­fi­gen Gläu­bi­ger­aus­schüsse für die Mut­ter­ge­sell­schaft Air Ber­lin PLC, den Betrei­ber Air Ber­lin PLC & Co. Luft­ver­kehrs KG und die Air­ber­lin Tech­nik GmbH tref­fen sich zu ers­ten, kon­sti­tu­ie­ren­den Sit­zun­gen. Bestellt sind Ver­tre­ter der Luft­hansa-Toch­ter Euro­wings, der Bun­des­agen­tur für Arbeit, der Com­merz­bank, der Air-Ber­lin-Mana­ger Chris­tian Weyer und der Rechts­an­walt Niklas Lütcke von CMS Hasche Sigle.

24. August – Kebe­kus wehrt sich

Air Ber­lin kann keine Ent­schä­di­gun­gen für Ver­spä­tun­gen oder Aus­fälle zah­len, betrof­fene Flug­gäste müs­sen ihre For­de­run­gen als Insol­venz­for­de­rung anmelden. 

Der Gene­ral­be­voll­mäch­tige Kebe­kus ver­han­delt über Stre­cken­netze, Start- und Lan­de­rechte, sowie über Toch­ter­un­ter­neh­men wie die vom eins­ti­gen For­mel-1-Fah­rer gegrün­dete Air­line Niki oder die aus­ge­la­gerte Air Ber­lin Technik.

Kebe­kus: „Das ist kein Auto­ver­kauf, den man an einem Tag abwickelt.“

Er weist auch die Kri­tik zurück, die Luft­hansa würde bevor­zugt. „Ein Player wie die Luft­hansa, die schon vor dem Insol­venz­an­trag am Tisch saß, hat damit auto­ma­tisch einen Infor­ma­ti­ons­vor­sprung. Daran kön­nen wir aber nichts ändern, und das hat auch nichts mit einem abge­kar­te­ten Spiel zu tun.“ Bei kurz­fris­ti­gen Buchun­gen sei durch die Insol­venz nur ein leich­ter Rück­gang zu ver­zeich­nen, bei Lang­stre­cken und Flü­gen, die erst in eini­gen Mona­ten statt fin­den, bricht die Nach­frage ein.

3. Sep­tem­ber – Pla­cet der EU-Kom­mis­sion zum Sanierungskredit

Die EU-Kom­mis­sion bil­ligt den in Tran­chen aus­zu­zah­len­den Kre­dit in Höhe von 150 Mil­lio­nen Euro. 

Die Gewerk­schaf­ten in Deutsch­land for­dern die Über­nahme der 8000 Beschäf­tig­ten, deren Zukunft noch kom­plett unge­klärt ist. 

Air Ber­lin kün­digt für Sep­tem­ber die Strei­chung sämt­li­cher Lang­stre­cken­ver­bin­dun­gen vom Flug­ha­fen Ber­lin-Tegel an. Das betrifft auch die Stre­cken in die USA und Abu Dhabi. Im Okto­ber soll auch das Lang­stre­cken­an­ge­bot ab Düs­sel­dorf auf 11 Ver­bin­dun­gen redu­ziert werden.

12. Sep­tem­ber – Sick­out der Piloten

Nach dem Vor­bild einer ähn­li­cher Aktion bei Tuifly mel­den sich 200 von 1500 Air Ber­lin Pilo­ten krank. Kri­tik kommt von vie­len Sei­ten, ins­be­son­dere aus der Poli­tik und Manage­ment-Ebene Air Ber­lins. Tenor: „Ver­ant­wor­tungs­los gegen­über den ande­ren Kol­le­gen, dass die Pilo­ten sich eigen­stän­dig zu einem ille­ga­len Streik zusam­men schlie­ßen und somit die Zukunft ihres ohne­hin schon am Boden lie­gen­den Arbeit­ge­bers wei­ter verschlechtern.“

Worum geht es ? Die Kauf­in­ter­es­sen­ten machen klar, dass der Kauf der Flug­li­nie oder von Tei­len nicht in Form eines „Betriebs­über­gangs“ nach § 613a BGB erfol­gen soll. Die­ser liegt recht­lich gese­hen vor, wenn der Käu­fer einen Betrieb als Gan­zes sei­ner eige­nen Firma ein­ver­leibt – mit Folge, dass alle Tarif­ver­träge wei­ter gel­ten, denen der über­nom­me­ner Betrieb bis­lang unter­wor­fen war. Bei einer Über­nahme der Pilo­ten durch Luft­hansa und einer direk­ten Ein­stel­lung bei der Bil­lig-Toch­ter Euro­wings müs­sen die Pilo­ten mit Gehalts­ein­bu­ßen bis zu 40% rechnen.

Die Gewerk­schaft ver.di schließt sich der Kri­tik an den Pilo­ten auf­grund der Ver­ant­wor­tung gegen­über Unter­neh­men an, da sie “Scha­dens­an­sprü­che für Tau­sende Kun­den schaf­fen, die nicht bedient wer­den kön­nen und so ris­kie­ren, dass der Flug­be­trieb inner­halb von Tagen ein­ge­stellt wer­den muss, dass Start- und Lan­de­rechte ver­lo­ren gehen, dass dadurch das Inter­esse bei Inves­to­ren sinkt und die Per­spek­tive aller Beschäf­tig­ten noch düs­te­rer aussieht”.

15. Sep­tem­ber – Bieterauslese

Es gehen Gebote von sechs Par­teien ein: Luft­hansa, easy­jet, Wöhrl, Niki Lauda mit Con­dor, IAG (Inter­na­tio­nal Air­lines Group) und Jona­than Pang, Betrei­ber des Pro­vinz­flug­ha­fens Mecklenburg-Parchim. 

Die Ber­li­ner Logis­tik­firma Zeit­fracht über­nimmt die Fracht- und Tech­nik Sparte. 

21. Sep­tem­ber – Der Gläu­bi­ger­aus­schuss wird informiert

Der Gläu­bi­ger­aus­schuss tagt am 21.9.2017. Kebe­kus, Flö­ther und Win­kel­mann infor­mie­ren den Aus­schuss über die Bie­ter­an­ge­bote. Die Ent­schei­dung soll einen Tag nach der Bun­des­tags­wahl am 25.9.2017 bekannt gege­ben werden. 

Die Deut­sche Presse Agen­tur mel­det, dass es zu Ver­hand­lun­gen mit Luft­hansa und Easy­jet über einen Teil der Flotte kommt. 

Die nicht berück­sich­tig­ten Bie­ter kri­ti­sie­ren das intrans­pa­rente und undurch­sich­tige Aus­wahl­ver­fah­ren. Hans-Rudolf Wöhrl kom­men­tiert wütend: „den Bie­tern war die Kom­mu­ni­ka­tion unter­ein­an­der nicht erlaubt“, was aber für die von ihm ange­dachte Gesamt­lö­sung ele­men­tar gewe­sen wäre. Er sagt auch, dass zu jedem Zeit­punkt nur eine Zer­schla­gung von Air Ber­lin im Raum stand.

30. Sep­tem­ber – keine Ent­schä­di­gung für Ticketkäufer

100.000 Ticket­käu­fer von Air Ber­lin gehen leer aus, da sie ihr Ticket vor dem Insol­venz­an­trag am 15. August erwor­ben haben. Sie sol­len “nur eine geringe bis gar keine Erstat­tung” erhal­ten. Tickets, die danach – in der Zeit vor­läu­fi­gen Insol­venz­ver­fah­rens – erwor­ben wur­den, wer­den voll­stän­dig erstattet.

12. Okto­ber – Luft­hansa will Niki

Luft­hansa gibt bekannt, dass sie für 210 Mil­lio­nen Euro Teile von Air Ber­lin über­neh­men will, unter ande­rem 20 Flug­zeuge, die öster­rei­chi­sche Air­line Niki, die Luft­fahrt­ge­sell­schaft Wal­ter (beide nicht insol­vent) und 1.3000 Mit­ar­bei­ter aus ver­schie­de­nen Berei­chen. Die Ver­hand­lun­gen mit easy­jet dau­ern an.

18. Okto­ber – Kri­tik an Winkelmann-Vergütung

Win­kel­mann steht auf­grund sei­ner Ver­gü­tung von 4,5 Mil­lio­nen Euro im publi­zis­ti­schen Kreuz­feuer, wel­che auch im Insol­venz­fall durch Eti­had Air­ways abge­si­chert ist. Poli­ti­ker aller Par­teien, Arbeit­neh­mer­ver­bände, aber auch Auf­sichts­rats­mit­glie­der von Air Ber­lin kri­ti­sie­ren, teils offen, teils hin­ter vor­ge­hal­te­ner Hand, das Salär des Air-Ber­lin Chefs. Auch wer­den die Ret­tungs­be­mü­hun­gen hin­ter­fragt und ange­merkt, dass im Mai 2017, wenige Monate nach dem Antritt Win­kel­manns, die Air­line durch den Flug­gast­dienst­leis­ter „Flight­stats“ als unzu­verlässigste Car­rier Euro­pas aus­ge­zeich­net wurde: 547 aus­ge­fal­lene Flü­gen und 5587 Ver­spä­tun­gen inner­halb nur eines Monats.

19. Okto­ber – Kein Betriebsübergang

Ursprüng­lich war ange­dacht, mit den Bie­tern zu einer Lösung zu kom­men, wel­che eine voll­stän­dige oder zumin­dest teil­weise Über­nahme des Unter­neh­mens samt Flug­zeu­gen und Per­so­nal beinhal­tet hätte. Dar­auf wollte sich kein Bie­ter ein­las­sen, da sonst alle Arbeits­ver­träge naht­los auf die Käu­fer über­ge­hen wür­den. Dies wäre in Form des soge­nann­ten gere­gel­ten Betriebs­über­gangs gesche­hen, da der bis­he­rige Betrieb als „wirt­schaft­li­che Ein­heit“ über­gan­gen wäre. 

Inhalt die­ses Betriebs­über­gangs wären alle finan­zi­el­len Kon­di­tio­nen, Urlaubs­re­ge­lun­gen aber auch erwor­bene Betriebs­zu­ge­hö­rig­keit und Sach- und Per­so­nen­struk­tu­ren, wel­che eine Iden­ti­tät des jewei­li­gen Betriebs wie­der­ge­ben. Dies wird aber von Sei­ten der Luft­hansa und des Insol­venz­wal­ters direkt abge­lehnt, „da die Flug­zeuge nicht im Besitz von Air Ber­lin, son­dern nur geleast sind“. Dabei wird ver­meint­lich bewusst aus­ge­blen­det, dass es auf die Eigen­tums­ver­hält­nisse an den über­nom­men Betriebs­mit­teln nicht ankommt.

Einige Indi­zien spre­chen in die­sem Fall für einen gere­gel­ten Betriebsübergang:

    • Erwerb der Flug­zeuge, auch bei Leasing
    • Über­nahme der Start- und Landerechte
    • Über­nahme wesent­li­cher Teile der Belegschaft
    • Über­nahme der Kund­schaft: Luft­hansa würde auf ver­schie­de­nen Stre­cken zum allei­ni­gen Anbie­ter, Kun­den müs­sen bleiben
  • Ähn­lich­keit der Tätigkeit

Luft­hansa will rund 3000 Mit­ar­bei­ter in neuem Bewer­bungs­ver­fah­ren ein­stel­len. Somit ist der Betriebs­über­gang umgan­gen. Die Stel­len wer­den bei Euro­wings Europe ange­sie­delt, wo die Beschäf­tig­ten kei­nen Tarif­ver­trag erhal­ten, kein Recht auf Teil­zeit haben und bis zu 50 % weni­ger ver­die­nen. Hier­bei kommt das öster­rei­chi­sche Arbeits­recht zum Tra­gen, da Euro­wings Europe dort ange­sie­delt ist.

27. Okto­ber – Der letzte Flug

Der letzte Air Ber­lin Flug lan­det am 27. Okto­ber 2017 mit rund ein­stün­di­ger Ver­spä­tung um 23:47 Uhr in Ber­lin Tegel. 

Der Pilot drehte meh­rere Schlei­fen, bevor er zur Lan­dung ansetze, was auf dem Flug­ra­dar wie die Form eines Her­zens aus­sah, in Anleh­nung an die typi­schen Air Ber­lin Her­zen. 1.600 Leute beob­ach­te­ten von den Ter­ras­sen des Flug­ha­fens den emo­tio­na­len Moment. Air Ber­lin Mit­ar­bei­ter & Feu­er­wehr­leute nah­men die Maschine auf dem Roll­feld mit Was­ser­fon­tä­nen in Empfang. 

Bild der Boeing 320, welche am Abend des 27. Oktobers 2017 um 22:47 als letzter Air Berlin Flug am Flughafen Berlin Tegel eintrifft und begeistert empfangen wird
Der letzte Air Ber­lin Flug „BER4EVR“ lan­det um 22:47 in Tegel

28. Okto­ber – Kfw-Kre­dit wird vor­aus­sicht­lich bedient

Das Han­dels­blatt berich­tet, dass der Kre­dit der Bun­des­re­gie­rung (zu 9% Zin­sen) durch die Ver­kaufs­er­löse vor­aus­sicht­lich zurück­ge­zahlt wer­den kann. Dazu sol­len die geplan­ten 250 Mil­lio­nen Euro Erlöse aus den Ver­käu­fen an easy­jet und Luft­hansa ver­wen­det wer­den. Bis Ende des Jah­res wird eine Zustim­mung vom Kar­tell­amt zu den Ver­käu­fen erwartet.

Die Insol­venz wird eröffnet

1. Novem­ber – Dro­hende Masseunzulänglichkeit

Das vor­läu­fige Insol­venz­ver­fah­ren ist abge­schlos­sen, jetzt wird das eigent­li­che Insol­venz­ver­fah­ren über das Ver­mö­gen der Air Ber­lin Gesell­schaf­ten eröff­net. Insol­venz­ver­wal­ter Flö­ther teilt schon mal eine dro­hende Mas­se­un­zu­läng­lich­keit nach § 208 InsO mit. Es zeich­net sich damit ab, dass die Insol­venz­masse nicht aus­reicht oder vor­aus­sicht­lich nicht aus­rei­chen wird, um neben den Kos­ten des Insol­venz­ver­fah­rens auch die fäl­li­gen sons­ti­gen Mas­se­ver­bind­lich­kei­ten zu erfüllen.

Die Kun­den Air Ber­lins müs­sen bis zum 1. Februar 2018 ihre For­de­run­gen beim Insol­venz­ver­wal­ter anmel­den, ab dem 1. April 2018 wer­den alle For­de­run­gen in der Insol­venz­ta­belle beim Amts­ge­richt Char­lot­ten­burg gesam­melt. Geprüft wer­den sol­len sie bis zum 1. August 2018.

3. Novem­ber 2017 – Easy­jet stellt Mit­ar­bei­ter ein

Easy­jet über­nimmt 1.000 ehe­ma­lige Air-Ber­lin-Mit­ar­bei­ter zu ver­gleich­ba­ren Kon­di­tio­nen wie die der Stammbelegschaft.

11. Novem­ber 2017 – Rücken­de­ckung von Zypries

Wirt­schafts­mi­nis­te­rin Bri­gitte Zypries sagt, „dass es gut sei, dass wir mit Luft­hansa ein star­kes deut­sches Unter­neh­men haben“. Außer­dem bezeich­net sie das Gehalt von Win­kel­mann als juris­tisch nach­voll­zieh­bar und gibt an, dass die Ticket­preise durch die fak­ti­sche Über­nahme von Air Ber­lin durch Luft­hans und easy­jet nicht stei­gen wer­den. Sie gibt zu beden­ken, dass Flie­gen für 10 Euro pro Flug für Mensch und Umwelt nicht nach­voll­zieh­bar sein.

20. Novem­ber – Die Bun­des­an­stalt für Arbeit zahlt

Die Belas­tung für die BA aus dem Insol­venz­geld für 7.340 Mit­ar­bei­ter beträgt 55,2 Mil­lio­nen Euro plus Sozi­al­ab­ga­ben auf­grund von Trans­fer­kurz­ar­bei­ter­geld. 250 ehe­ma­lige Air Ber­li­ner sind aktu­ell in Trans­fer­ge­sell­schaf­ten unter­ge­kom­men. Damit wer­den Kün­di­gungs­fris­ten, unbe­queme Abfin­dungs­zah­lun­gen und Kün­di­gungs­schutz­kla­gen ver­mie­den. Eine Trans­fer­ge­sell­schaft schiebt die Arbeits­lo­sig­keit zumin­dest für ein Jahr hinaus. 

Die Bun­des­agen­tur für Arbeit erwar­tet 4.000 Anträge auf Arbeits­lo­sen­geld ehe­ma­li­ger Air Ber­lin Mitarbeiter.

Gläu­bi­ger­ver­samm­lung für die Anleihen

23. Novem­ber – Eti­had bie­tet Ver­gleich an

Mit einem Volu­men von 225 Mil­lio­nen Euro und etwa 200 000 Inves­to­ren ist die Anleihe AB100B4 der größte Bond des Kon­zerns. In 2004 hatte Air Ber­lin 8,25 Pro­zent Zins dafür ver­spro­chen. Der Insol­venz­ver­wal­ter macht in der Gläu­bi­ger­ver­samm­lung den Anlei­he­gläu­bi­gern von Air Ber­lin nicht viel Hoff­nung. Da die Kon­zern­mut­ter Air Ber­lin PLC kein eige­nes Geschäft betreibt und die Toch­ter, die Air Ber­lin GmbH & Co. Luft­ver­kehrs KG selbst insol­vent ist, blei­ben nur die Erlöse aus dem Ver­kauf der Dort­mun­der Luft­fahrt­ge­sell­schaft Wal­ter in Höhe von 25 Mil­lio­nen Euro. Davon ver­blei­ben 17 Mil­lio­nen Euro für die Befrie­di­gung sowohl der deut­schen Anleihe als auch wei­tere 480 Mil­lio­nen Euro, die in Eng­land gezeich­net wur­den. Kebe­kus stellt eine Quote von einem Pro­zent oder weni­ger in Aus­sicht. Mög­li­che Scha­dens­er­satz­an­sprü­che gegen frü­here Mana­ger und Eti­had wür­den geprüft.

350 Mil­lio­nen Euro hatte Eti­had noch 2016 zum Abruf bereit­ge­stellt. Als 250 Mil­lio­nen ver­braucht waren, zog Eti­had im August 2017 die Reiß­leine. Air Ber­lin war zah­lungs­un­fä­hig. Mög­li­cher­weise lag ein Ver­trags­bruch sei­tens Eti­hads vor, da die ara­bi­sche Flug­li­nie im April 2017 noch­mals durch einen „Let­ter of Com­fort“ die Finan­zie­rung von Air Ber­lin zuge­si­chert hatte. Frag­lich ist nun, wie belast­bar die­ses Papier ist. Gilt es als All­ge­meine Absichts­er­klä­rung oder als feste Zusage? Und, falls es keine feste Zusage war, hät­ten die Wirt­schafts­prü­fer dann über­haupt eine posi­tive Fort­füh­rungs­pro­gnose geben dürfen?

Eti­had wäre bereit, ver­gleichs­weise 15 Mil­lio­nen zu zah­len. Ob der Insol­venz­ver­wal­ter dage­gen klagt, ist frag­lich. Es wäre zunächst zu klä­ren, ob das Ver­fah­ren in Groß­bri­tan­nien, Deutsch­land oder in den VAE statt­fin­den würde. 

4. Dezem­ber – Und die Mitarbeiter?

Ab dem 30. Novem­ber wer­den die ers­ten Kün­di­gun­gen an Cock­pit- und Boden­per­so­nal ver­schickt. Einige, die zuletzt im Rah­men von Arbeit­neh­mer­über­las­sun­gen von Air Ber­lin an aus­län­di­sche Gesell­schaf­ten ver­lie­hen wur­den, müs­sen Hartz 4 bean­tra­gen. Die Bun­des­an­stalt für Arbeit berich­tet, dass sich bis­her nur wenige Mit­ar­bei­ter arbeits­los gemel­det haben.

8. Dezem­ber – Ver­stei­ge­rung des Inventars

Das Inven­tar aus Air Ber­lin Flug­zeu­gen soll öffent­lich ver­stei­gert wer­den, der Erlös in die Insol­venz­masse flie­ßen. Einige Über­bleib­sel gehen an das Deut­sche Tech­nik­mu­seum und sol­len dort irgend­wann aus­ge­stellt werden.

Zum jet­zi­gen Zeit­punkt sind 61 Mil­lio­nen Euro des Kre­dits der Bun­des­re­gie­rung zurückgezahlt.

12. Dezem­ber – Easy­jet kommt zum Zug

Die EU-Kom­mis­sion geneh­migt die Über­nahme von Tei­len Air Ber­lins durch easyjet.

13. Dezem­ber – Ver­zockt bei Niki

Die EU-Kom­mis­sion ver­schiebt ihre Ent­schei­dung bezüg­lich der Über­nahme der Air-Ber­lin-Toch­ter Niki durch die Luft­hansa auf­grund wett­be­werbs­recht­li­cher Beden­ken auf die Zeit nach dem 21. Dezem­ber. Die Kom­mis­sion bemän­gelt, dass Luft­hansa auf 50 Stre­cken allei­ni­ger Anbie­ter wäre. 

Luft­hansa zieht dar­auf­hin das von ihr abge­ge­bene Ange­bot zurück. Die Kos­ten für den Wei­ter­be­trieb von Niki bezif­fert sie auf 10 Mil­lio­nen pro Woche, eine tief­ge­hende Unter­su­chung für wei­tere 90 Tage hätte somit 200 Mil­lio­nen Euro gekos­tet. Niki hatte dar­auf­hin den Flug­be­trieb ein­ge­stellt und einen Antrag auf Insol­venz gestellt.

Regie­rungs­spre­cher Stef­fen Sei­bert nutzt die Gele­gen­heit und schiebt den schwar­zen Peter der EU-Kom­mis­sion zu. 

Sei­bert: „Durch den uner­war­te­ten Aus­fall der Erlöse aus dem Niki-Ver­kauf kann der vom Bund ver­bürgte Kre­dit der KfW an Air Ber­lin mög­li­cher­weise nur zum Teil zurück­ge­zahlt werden.“

Die Jobs von 1.000 Mit­ar­bei­tern ste­hen auf der Spiel, meh­re­ren 100.000 Flug­ti­ckets droht eine Stor­nie­rung. Kebe­kus ist sauer: „die Insol­venz der Niki Luft­fahrt GmbH sei höchst ärger­lich und wäre ver­meid­bar gewe­sen“. Es feh­len nun die von der Luft­hansa gebo­te­nen 210 Mil­lio­nen Euro in der Insolvenzmasse.

16. Dezem­ber – Poli­ti­sche Kon­se­quen­zen gefordert

Ver­tre­ter aller gro­ßen Par­teien, mit Aus­nahme der CDU/CSU-Frak­tion, for­dern einen Unter­su­chungs­aus­schuss, um die Rolle der Bun­des­re­gie­rung, der Luft­hansa und Air Ber­lin zu ergrün­den. Sollte bis Jah­res­wech­sel kein neuer Inves­tor bei Niki gefun­den wer­den, wür­den auch die Start- und Lan­de­rechte frei. Am Ende könnte sich Luft­hansa so maß­geb­li­che Teile der Niki sichern, ohne aber den bis­her ange­bo­te­nen Kauf­preis dafür gezahlt zu haben. Ins­be­son­dere die FDP-Gene­ral­se­kre­tär Lind­ner macht deut­lich, was er von dem Ein­griff in den freien Markt zu Las­ten der Steu­er­zah­ler hält: „Die Bun­des­re­gie­rung hätte diese Ent­wick­lung vor­aus­se­hen und ver­hin­dern müssen“.

Zum zwei­ten Teil der Chronik


Bild­nach­weise:

Joa­chim Hunold © AP über Köl­ner Stadt Anzeiger
Der Flug­zom­bie © dpa, Getty Images Mon­tage: Wirt­schafts­wo­che
Flug BER5EVR lan­det in Tegel © Chris­tian Borch­mann-Back­haus – Lizenz CC BY-SA 4.0